Reisebericht Nr. 87 – Begegnungen

10. Mai 2013, 1 Kommentar

In unserer ersten Pilgerherberge in Spanien hatten wir den Abend und die Nacht ganz allein verbracht. Das war sehr angenehm, allerdings hatten wir uns von dem viel belaufenen Camino etwas anderes versprochen.

Gestern war es dann so weit. Wir liefen gemütlich um 8:30 Uhr los und sahen in unserem Dorf Aurizberri schon die ersten Pilger. Schlauer als gestern kauften wir uns ein Baguette und etwas Käse, damit wir auch bei Regen eine kleine Pause machen konnten und nicht auf den Kocher angewiesen waren. In St. Jean P.d.Port hatten wir uns ja mit einem Kilo Couscous eingedeckt. Wir bemerkten sogar, dass wir es noch nicht einmal kochen müssen. Aber 5-10 Minuten im Regen darauf warten, dass es sich mit Wasser vollsaugt, ist nicht gerade verführerisch.

Doch zunächst blieben wir von schlechtem Wetter verschont. Schnell bemerkten wir den Unterschied zu dem Jakobsweg in Frankreich. Für die Pilgerströme, die den Camino jährlich bewältigen (2010 wurden 190.000 Pilger gezählt), wurde der Weg nicht nur sehr gut markiert, sondern auch ausgebaut. So wanderten wir einige Kilometer auf einem wenig romantischen Betonweg, der immerhin von Haselnusssträuchern und Weißdorn gesäumt war. Verlaufen? Unmöglich!

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Bald trafen wir zwei junge Deutsche, mit denen wir gestern schon die letzten Kilometer gelaufen waren.
Nach einer Käse-Brot-Pause, bei der uns Pilger mit den unterschiedlichsten Akzenten ‚Buen camino!“ gewünscht hatten, wartete ein kleiner Anstieg auf uns. Da es uns nun wieder wärmer wurde und wir mal wieder unsere Jacken ausziehen mussten (Ja, dieses Jacke an, Jacke aus, kann ganz schön aufhalten.), lernten wir eine gut gelaunte deutsche Pilgerin. Wir kamen näher ins Gespräch, weil sie gebürtig aus Bönen bei Unna kommt. Es stellte sich schnell heraus, dass sie die Schwester von Johans Klassenlehrer (auf dem Gymnasium) war. So klein ist die Welt. In leichtem Auf und Ab über den grünen Hügeln der Navarra-Region unterhielten wir uns über ihren Beruf als evangelische Pfarrerin und diverse Reisen. Oben am Pass verabschiedeten wir uns dann. Das ist das Schöne beim Pilgern. Ein Zeit lang läuft man zusammen, doch jeder kann entscheiden, wann er wieder sein eigenes Tempo laufen oder eine Pause einlegen will. Man trifft sich ja doch wieder!

Kurze Zeit später liefen wir ein Stück mit einem Slowenen aus Ljubijana. Morgens hatten wir uns gegenseitig bestimmt 4 mal überholt. Nun war ein Gespräch fällig. Lustigerweise kannte er das winzige Dorf, Velika Stanga, in dem wir damals bei der Familie freiwillig Holz geschleppt hatten.

Als nun Johan und ich das restliche Brot essen wollten, verabschiedeten wir uns wieder. Beim erneuten Aufbruch begrüßte uns schließlich Attila. Ihn hatten wir gestern schon die letzten Kilometer begleitet. Er hatte mit schmerzenden Knien und Blasen zu kämpfen, was ich nur allzu gut nachvollziehen kann. So waren die nächsten Kilometer wieder mit interessanten Gesprächen gefüllt. Ich konnte ihm einige Blasen-Heil-Tipps geben, er wiederum erzählte seine sehr interessante Geschichte über Beruf, Familie und Neuanfang.

Mit auf einem ohnehin schlammigen Waldpfad wurde der Regen mittags so stark, dass wir unsere Regenhosen anzogen. Nicht schon wieder!
Aber es gab keine Gnade. Bis auf eine kurze Pause regnete es bis abends durch.

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Das machte den glitschigen Abstieg nicht gerade zu einer Freude, doch schweißt so ein Mistwetter auch irgendwie zusammen. In Dorf, Ilaratz, gab es nämlich eine Unterstellmöglichkeit, in der sich viele Pilger ausruhten und wir in Ruhe unser Couscous kochen konnten. (Das Brot war inzwischen verputzt.)

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Dort trafen wir wieder einige Nationen u.a. eine Mexikanerin, die mit ihrem Sohn nach Santiago läuft. Wir konnten unser Glück kaum fassen, als der Regen plötzlich nachließ und sich schwüle Hitze ausbreitete. Doch der Sonnenschein hielt nicht lange an. Als wir die nächsten Schlammpfade bewältigten, dauerte es nicht lange, bis wir wieder völlig durchnässt waren.

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Dieses Mal hatten wir uns wirklich eine lange Etappe (33km) ausgesucht. Die letzten Kilometer kämpften wir gegen Unlust und schmerzende Glieder an. Umso mehr wirkte die ersehnte Pilgerherberge, die sich über der Brücke von Villanova erhob, wie eine Fata Morgana.

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Eine Antwort zu “Reisebericht Nr. 87 – Begegnungen”

  1. Gitta sagt:

    Selbst das Foto mit Johan in grüner Hose, die wir ja auch schon von Mallorca her kennen, im Regen unter frisch-grünem Blätterdach sieht schön aus. Wir hätten euch unsere Wander-Regen-Capes mitgeben sollen, die wir noch nie benutzt haben. Aber für die paar Tage Regen…. lohnt es sich auch nicht. Jetzt habt ihr ja wieder die Sonne!

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