Reisebericht Nr. 77 – Minimalismus in Toulouse

29. April 2013, 3 Kommentare

Unseren letzten Tag in Toulouse wollte ich (Nanni) dazu nutzen, noch etwas von der Stadt zu sehen. Da es seit einigen Tagen ziemlich nass und kalt geworden ist, hatten wir wenig Lust verspürt, draußen herum zu laufen und die Gegend zu erkunden. Es ist immer wieder bemerkenswert, wie sehr man als Backpacker von gutem Wetter abhängt. Das fällt einem aber meistens erst dann auf, wenn man es nicht mehr hat. Wenn wir normalerweise Hunger hatten, kauften wir Brot und Käse im Supermarkt ein und picknickten auf einer Parkbank. An unserem fleißigen Bibliothekstag war es so kalt und nass, dass wir uns unter freiem Himmel nicht stärken wollten. Daher setzten wir uns in den Wartebereich der Metrostation. Irgendeine Lösung gibt es immer, aber angenehm ist etwas anderes, wie z.B. die Pausen an der Costa Brava.

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Auch das Zelten macht nur dann Spaß, wenn auch nachts angenehme Temperaturen herrschen. Ansonsten kann man natürlich alle Kleidungsstücke anziehen, die man im Rucksack trägt und die Nacht so einigermaßen überstehen. Aber ist das der Sinn der Sache?

In der letzten Woche ist uns klar geworden, dass man nur wenig benötigt, um zu leben. Aber wenn man Freude dabei empfinden möchte, dann ist doch ein wenig mehr von Bedeutung.
Wir haben uns schon länger mit dem Thema Minimalismus beschäftigt, auch dank unseres Freundes Christof, der in seinem Blog www.einfachbewusst.de darüber schreibt. Bei unserer Gastgeberin, Flore, haben wir das einfache Leben (auch im Alltag) am eignen Leib gespürt. Allerdings heiligte hier der Zweck die Mittel. Da sie immer viel herumreist und nur drei Monate in Toulouse bleibt, hatte sie nur einen Koffer mitgebracht. Dementsprechend leer war ihr Zimmer. Es war natürlich nur für eine Person ausgelegt und wir waren ihr unendlich dankbar, dass sie uns so gastfreundlich aufnahm. Flore ist eine sehr liebenswerte Person und hat mit ihren 23 Jahren schon unheimlich viel erlebt. Wir genossen es, abends gemeinsam zu kochen und es war kein Problem, das Essen auf dem Boden einzunehmen.
Dennoch wurde Johan und mir bewusst, dass wir das Zimmer nie als gemütlich empfinden würden. Tagsüber suchten wir entweder ein Café oder die Bibliothek auf, um uns irgendwo bequem hinsetzen zu können.
Im Nachhinein überlegten und formulierten wir für uns, was uns fehlte. Ich sprach auch mit Flore darüber und sie sagte mir, dass sie je nach Lebensumstände unterschiedliche Orte als ihr ‚Zuhause‘ empfinden könnte oder eben nicht. Zeitweise lebte sie in einer WG, dieses Mal brauchte sie ihren eigenen Raum. Auf einer längeren Tour stellte ihr Schlafsack ihr Zuhause dar. Sie sagte, dass sie sehr wenig zum Leben brauche, dass die übrigen Dinge jedoch die ‚Würze‘ ausmachen.
Vielleicht ist das das Geheimnis? Es gibt durchaus materielle Dinge, die dich erfreuen können, doch es hilft, wenn man nicht sein Wohlsein davon abhängig macht.
Klar ist mir, dass mich immaterielle Dinge viel reicher machen können. Daher wollte ich den letzten Tag in der ‚cite rose‘ (wegen der vielen Ziegel ‚rosa Stadt‘ genannt) noch einmal etwas Schönes sehen und auf diese Weise ‚mitnehmen‘. So unternahm ich mit Flore einen Spaziergang in die Stadt und besichtigte ein Jakobinerkloster als Vorbereitung auf das erneute Pilgern ;).

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3 Antworten zu “Reisebericht Nr. 77 – Minimalismus in Toulouse”

  1. Der Stephan sagt:

    Ist der Bericht Nummer 76 verschluckt worden, oder gab es gar keinen?
    Einen guten Start in die nächste Wandertour!

  2. Christof sagt:

    Freut mich natürlich, dass Ihr Euch Gedanken rund um „mein“ Thema Minimalismus macht. Wie im sehr lesenswert. Gerade auf langen Reisen, wenn man auf vieles verzichten muss, aber trotzdem die Zeit seines Lebens verbringt, erfahren viele, wie erfüllend es ist, Dinge zu machen anstelle Dinge anzuhäufen. Ach ja, danke fürs Verlinken 😉

    Viel Spaß weiterhin, auch beim erneuten Pilgern mit „la familia“ und passt auf Euch auf!

    Christof

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