Reisebericht Nr. 83 – Pilgern und Pool
Als wir gestern Abend bei der Herberge des Schwaben ankamen, merkten wir schon den Unterschied. Wir wurden freudig begrüßt und durften uns sofort in eine Liste eintragen, wo kleine Aufgaben verteilt wurden. So deckte Johan den Tisch und ich bereitete mit einem anderen Schwaben die Vorspeisenteller zu. Gegessen wurde gemeinsam. Zwar teilte sich die Gruppe in das deutsche und das französische Lager, doch wünschte man sich ‚Bon appetit!‘ und genoss das Gemeinschaftsgefühl.
Dann schlugen wir unser Zelt unter einem roten Himmel auf.
Der Herbergsbesitzer, Fritz, war auch schon mit seinem Hund nach Santiago gepilgert und erzählte von seinen Erfahrungen. Statt eines Rucksacks hatte er einen Wagen, den er hinter sich herzog, sodass er alle Utensilien für den Hund und sein Zelt ohne Rückenschmerzen transportieren konnte. Fritz bot den beiden an, den Wagen bis Santiago auszuleihen und auf dem Rückweg im Auto wieder zurückzubringen. Da Reinhard sowieso einige Probleme mit seiner Schulter hatte, probierte er das Handling des Wagens zuerst auf dem Vorhof der Herberge aus und tauschte dann freudig das Gefährt gegen die Schulterfolter.
Von nun an wird das Dreiergespann wohl noch mehr Aufsehen erregen. Hier verabschieden sie sich überglücklich von Fritz:
Vorgestern hatten wir schon zwei Amerikanerinnen kennen gelernt, die sich unsterblich in Sira verliebt hatten und sie in der Herberge am liebsten in ihr Bett geholt hätten. Sie überhäuften die Hündin mit ihrem kleinen Rucksack mit Liebkosungen „Oh darling, oh puppy!“. Ob wohl der ‚Papa‘ demnächst auch so oft fotografiert werden wird?
Unser Weg führte zunächst eine ziemlich unmotivierende Bahntrasse entlang, bei der es immer geradeaus ging. Die einzige Abwechslung stellte eine Alpakaherde dar.
Später kamen wir an Weinfeldern vorbei. Wie auch schon vor zwei Tagen wurde hier kräftig gespritzt.
Beim letzten Mal stank es sogar so sehr, dass wir uns Stirnband und Cappy vor den Mund pressten. Es stimmt einen traurig, wenn man kaum noch Feldblumen am Wegesrand entdeckt. Stattdessen sind alle Beete rund um die Weinstöcke gelblich verfärbt. Nun sind wir noch motivierter Bio-Obst und -Gemüse zu kaufen.
Im schönen Ort Eauze machten wir einen Lidl ausfindig. Da es erstens nur selten solche großen, günstigen Supermärkte gibt und zweitens sowohl sonntags als auch montags oft die Geschäfte geschlossen sind, erledigten wir unseren Großeinkauf und legten eine kurze Pause ein.
Dann machten wir einen Abstecher in das Zentrum von Eauze, um uns die begehrten Stempel zu holen.
Inzwischen hatte sich die Sonne hervorgekämpft und strahlte mit aller Kraft auf uns herunter. Nach ca. 2 Stunden kamen wir zu einem Schild, das uns einen Pausenplatz auf Spendenbasis verhieß. Wir überlegten nicht lange und bogen in den Feldweg ab. Der französische Gastgeber begrüßte uns herzlich, bewirtete uns fürstlich mit Orangensaft, Kaffee, Joghurt und Obst und zog sich dann dezent zurück. Er war auch gepilgert und hatte danach dieses gemütliche Nest mithilfe von Freunden aufgebaut.
Nachdem wir unseren letzten Bericht dank seines Internetzugangs hochgeladen hatten, brachen wir frisch gestärkt wieder auf und mussten daher in dem nächsten Dorf keine Pause einlegen.
Wir liefen weiter bis ich wegen meiner schmerzenden Füße nach einer Pause verlangte. An einer Kapelle legten wir besinnliche 5 Minuten unsere Füße hoch und traten die letzten Kilometer an. Dieses Teilstück führte über eine langgezogene Straße, die einer Skisprungschanze glich.
Nach den erkämpften letzten Höhenmetern, freuten wir uns umso mehr über die wunderschöne Herberge. Wir fühlten uns wie im Himmel, als wir unsere geschundenen Füße in den kalten Pool steckten.
Den Rest erledigte der ‚Floc‘ ein typischer Likör aus der Gascogne-Region, den wir von unserem Herbergsbesitzer angeboten bekamen.
Und so sieht man nach dem Likör…? 😛
Ja, oder wenn man im Pool liegt. 😉